Ihr Vater war der berühmte bulgarische Komponist und Dirigent Konstantin Iliev.
Sie studierte an der Hochschule für Musik “Hanns Eisler” in Berlin bei Prof.Rudolf Dunckel, in Wien bei Jörg Demus und in Paris bei Ivonne Lefébure.Die musikalische Tätigkeit von Maria Prinz umfasst sowohl Solo—Auftritte, als auch Recitals und Kammermusik.
Die Pianistin hat mit Klavierabenden und Kammermusikprogrammen die USA, Österreich, Italien, Deutschland, die Schweiz, Japan, Belgien und Bulgarien bereist. Zum 250. Geburtstag von Wolfgang Amadeus Mozart präsentierte sie das Programm “Mozart und seine Zeitgenossen” in Wien, Prag, Sofia, Bloomington und Los Angeles.
Maria Prinz ist Kammermusikpartnerin von Mitgliedern der Wiener Philharmoniker, sowie von internationalen Solisten wie Patrick Gallois, Philippe Pierlot, Philippe Cuper und Andrew Marriner und Sängern wie Krassimira Stoyanova, Ludovic Tézier, Matthias Goerne, Boris Pinkhasovich und Margarita Gritskova.
Welchen Einfluss hatte die Musik auf Ihr Leben?
- Mein Leben ist von Anfang an – ja, sogar schon vor meiner Geburt – von klassischer Musik geprägt worden. Durch den Beruf meines Vaters, des Dirigenten und Komponisten Konstantin Iliev, war Musik bei uns zu Hause allgegenwärtig. Ein Leben ohne Musik hat es nie gegeben. Mein Berufswunsch stand für mich schon sehr früh fest.
Dabei ist mir wichtig zu betonen, dass mein Vater niemals versucht hat, mich in dieser Hinsicht zu beeinflussen – im Gegenteil: Er hat meine Entscheidung immer wieder hinterfragt, um sicherzugehen, dass mein Wunsch, Musikerin zu werden, aus tiefster Überzeugung kommt.
Welche Lehren für Ihr Leben und für Ihre Musik hat Ihnen Ihr Vater Konstantin Iliev der große bulgarische Dirigent und Komponist mitgegeben? Standen Sie im Schatten Ihres Vaters? Es heißt die Kinder großer und erfolgreicher Persönlichkeiten hätten Probleme damit, ihren eigenen Weg zu finden, weil sie sich - ob sie wollen oder nicht - mit Ihren Eltern vergleichen. Stimmt das, oder ist das ein Klischee?
- Mein Vater war für mich ein leuchtendes Beispiel für absolute Hingabe, Ehrlichkeit und Verantwortungsbewusstsein gegenüber der Kunst – ebenso für Zivilcourage in einer Zeit, in der viele seiner Kollegen Kompromisse mit ihrem Gewissen eingingen, um ihrer Karriere willen. In der kommunistischen Ära war es äußerst schwer, sowohl menschlich als auch künstlerisch zu überleben, ohne Mitglied der Partei zu sein. Diesen Kompromiss ist mein Vater nie eingegangen – und wurde dadurch ein Leben lang Ziel von Angriffen und Verleumdungen.

Mein Verhältnis zu meinen Eltern war durchgehend ungetrübt. Ich gehörte nie zu den Jugendlichen, die sich von ihren Eltern emanzipieren oder distanzieren wollten. Gleichzeitig war mir klar: Wenn ich in Bulgarien geblieben wäre, hätten sich unweigerlich die zahlreichen Feinde und Neider meines Vaters gegen mich gewandt – im Wissen, ihn auf diese Weise noch tiefer zu treffen. Deshalb war die Entscheidung, mit 18 Jahren Bulgarien zu verlassen und mein Studium – und später meine Musikerlaufbahn – auf einem unbeschriebenen Blatt Papier zu beginnen, die einzig richtige.
Ihr Vater lebte und wirkte zu einer Zeit, als die Musik als Teil der Hochkultur, nur von wenigen verstanden wurde. Könnten Sie uns einige interessante Erinnerungen, Beobachtungen und Erlebnisse aus dem Leben Ihres Vaters erzählen?
- Hier möchte ich Ihnen widersprechen: Damals genossen die Musik und die musikalischen Institutionen in Bulgarien einen hohen Stellenwert. Es gab einen viel größeren Kreis wahrer Musikliebhaber, die klassische Musik wirklich verstanden. Die Maßstäbe waren höher und basierten auf dem tatsächlichen Erleben im Konzertsaal – nicht auf oberflächlichen Meinungen aus den sozialen Medien oder der Presse.
Mein Vater engagierte sich intensiv für zeitgenössische Musik der Avantgarde und führte in Bulgarien zahlreiche Werke auf, die ihrer Zeit weit voraus waren. Dabei tat er dies auf einem solch hohen künstlerischen Niveau und mit so großer Überzeugungskraft, dass selbst diese „unverständliche" Musik Begeisterungsstürme auslöste.
Geleitet von hohen moralischen Prinzipien, hat er seinen Einfluss niemals für persönliche Vorteile genutzt. Stattdessen stellte er stets das Wohl seines Orchesters – der Philharmonie Sofia – in den Vordergrund. Er setzte sich unermüdlich für bessere Instrumente, höhere Gehälter und bessere Arbeitsbedingungen seiner Musiker ein.
Seine Selbstlosigkeit ging so weit, dass er zweimal freiwillig von seinem Posten zurücktrat, als er den Eindruck hatte, die Angriffe seiner Gegner könnten sich negativ auf das Orchester auswirken. In beiden Fällen wurde er nach einiger Zeit gebeten, zurückzukehren – als deutlich wurde, dass die Qualität der Konzerte, insbesondere der Auslandsgastspiele, ohne ihn nicht auf dem gewohnten Niveau stattfinden konnte.
"Erfolg" - welche Bedeutung hat dieser Begriff für Sie?
- Ehrlich gesagt könnte ich den Begriff „Erfolg" in unserem Beruf nicht einmal eindeutig definieren. Applaus allein ist mit Sicherheit kein verlässliches Kriterium – zu oft erleben wir heute, dass auch fragwürdige Leistungen mit großem Beifall bedacht werden.

Für mich hat Erfolg vielmehr mit Selbstüberwindung zu tun, mit dem Annähern an die eigenen künstlerischen Ziele und dem Gefühl, dem Publikum die Aussage des Komponisten wirklich vermittelt zu haben. Dazu gehört auch die Freiheit nur an Projekten teilzunehmen, die einem wirklich am Herzen liegen – und mit musikalischen Partnern zu arbeiten, mit denen man auf derselben Wellenlänge ist.
Welcher Abschnitt Ihres Lebens ist für Sie der wichtigste gewesen?
- Meine Studenjahre in Berlin, Paris und Wien. Davon schöpfe ich heute noch.
In welcher Rolle fühlen Sie sich am wohlsten: Als Pianistin oder als Lehrende? Teilen Sie die Ansicht, dass die jüngere Generation Probleme mit der Feinmotorik hat, dass ihr die Handfertigkeit fehlt, um zum Beispiel Stricken zu lernen und sie erst motiviert werden muss, ein Instrument zu lernen?
- Auf der Bühne zu stehen und zu unterrichten sind zwei ganz unterschiedliche Aspekte eines Musikerlebens.
Ich bin ein Bühnenmensch – Konzerte zu spielen und mit dem Publikum zu interagieren ist zweifellos das, was mich am glücklichsten macht.
Unterrichten hingegen ist eine aufwändige, verantwortungsvolle und mitunter frustrierende Tätigkeit. Dennoch ist sie von großer Bedeutung und kann sehr erfüllend sein – vor allem, wenn man sieht, dass man seine Erfahrung an talentierte junge Menschen weitergeben konnte.
Die heutige Jugend, die sich professionell mit Musik beschäftigt, ist technisch äußerst begabt. Ich glaube nicht, dass es an der Motorik mangelt. Was allerdings manchmal fehlt, ist Geduld – die Bereitschaft, sich ganz auf das Üben zu konzentrieren, sowie die nötige Ausdauer.

Woran arbeiten Sie zurzeit? Welche Pläne haben Sie für die zweiten Hälfte des Jahres 2025 und für die kommende Saison 2026?
- Ich habe gerade ein Konzert mit dem Soloflötisten der Wiener Philharmoniker, Karl-Heinz Schütz, sowie einen Liederabend mit der großartigen Krassimira Stoyanova hinter mir. Und obwohl eigentlich Zeit für den Sommerurlaub wäre, bin ich bereits wieder am Üben und bereite ein Konzert für das Festival Klassik im Burghof in Klagenfurt vor – gemeinsam mit dem Staatsopernstar Clemens Unterreiner. Auf dem Programm steht ein abwechslungsreicher Abend mit Klaviersolo sowie Arien aus Oper, Operette und Musical.
Im Dezember erscheint bei Naxos eine neue CD, die ich im September letzten Jahres gemeinsam mit der Mezzosopranistin Margarita Gritskova aufgenommen habe. Weitere spannende Projekte befinden sich derzeit kurz vor dem Abschluss.
Haben Sie ein Hobby mit dem Sie den Stress den die Arbeit mit sich bringt abbauen?
- Im Unterschied zu manchen Kollegen, die das viele Reisen aus beruflichen Gründen als Belastung empfinden, reise ich gern – auch in meiner Freizeit, am liebsten zu exotischen Zielen.
Ich wandere außerdem gern in der Natur; überhaupt ist Bewegung für mich ein wahres Elixier.
Ist der Name "Prinz" ein Künstlername?
- Das ist mein Familienname ( recht verbreitet in Österreich). Mein verstorbener Ehemann- Alfred Prinz war legendärer Soloklarinettist der Wiener Philharmoniker.
Der Stellenwert der Musik heute hat sich im Vergleich zu früher geändert. Wie geht es Ihnen damit?
- Leider sind heutzutage immer öfter die Darstellungen in den sozialen Medien entscheidender als die tatsächliche Qualität. Viele Menschen bilden sich ihre Meinung vor allem durch das, was Ihnen auf Instagram oder Facebook eingeredet wird, und vertrauen diesen Plattformen mehr als ihrer eigenen Wahrnehmung. Das ist eine besorgniserregende Entwicklung. Umso mehr bleibt zu hoffen, dass das wahre, unmittelbar Erlebte im Konzertsaal auch weiterhin die Herzen der Menschen berühren wird.
Welche Bedeutung hat Österreich für Sie? Einerseits als Land in dem Sie leben, anderseits als Wirkungsstätte?
- Ich habe den weitaus größten Teil meines Lebens in Österreich verbracht – und bin hier, und nur hier, wirklich zu Hause.
Ich sage oft: Wenn man mir einen Globus vorlegt und mich fragt, wo ich leben möchte, würde ich immer noch auf Österreich zeigen.
Für einen Musiker ist ein Land wie Österreich, das sich durch Musik und Kultur definiert, nach wie vor ein Traumland.
Das Interview wurde geführt von Svetlana Zheleva und Dessislaw Pajakoff
